Vogel der Woche: #066 - Die Flente

30. September 2024

Heute: Die Flente. Anas flenta.

Dieses lustige Tierchen ist nicht etwa ein besonders larmoyanter oder falsch ge­schriebener Zeitgenosse, sondern nichts anderes als der Grund eines uralten deutschen Sprichwortes und nebenbei auch der Namensgeber für ein Gewehr.

Um dies aufzuklären, müssen wir bis in die gotische Spätsteinzeit zurückkehren.

Um 1.000 nach Christus wurde in den Kir­chenbüchern eines heute nicht mehr exis­tenten Ortes namens „Brattzbahhe“ fol­gende Begebenheit vermerkt:

„Um darup zu kömmen, dinet sih [der] Köler in Flemis Entlin [das er] empor wurff; selbig Tirken wiset üm Pat wart [zum] Veld. Entlin schwunt nah in Veld, Köler sekelt in wizen gaben.“

Dieser kurze Text sagt nichts anderes, als dass ein Bratzbacher Köhler eine Flämi­sche Ente geworfen und dabei ein Kornfeld gefunden und abgeerntet hat. Zur dama­ligen Zeit herrschte eine große Hungersnot in Bratzbach, weil der einzige Bauer des Ortes verstorben war und sein Geheimnis – den Standort des Getreidefeldes – mit ins Grab genommen hatte.

Der Entenwurf – der auch heute noch an einigen Orten Europas als „Sport“ oder „Tradition“ gepflegt wird – diente als Orakel in Krisenzeiten. Wenn die Ente ihre Flügel ausbreitete und davonflog, galt das als schlimmstes Unglückszeichen; deswegen warf man bevorzugt flugunfähige Rassen wie die Flämische Ente (auch Flämische Fettfleckente genannt). Die derart miss­handelten Enten hatten natürlich nichts besseres zu tun, als nach ihrem Aufprall am Boden vor Schreck laut schnatternd davon­zurennen; der Werfer folgte dem Tier dann bis zur Erschöpfung einer der beiden – man lässt schließlich in Notzeiten keine fette Ente entkommen! – oder bis er was bes­seres entdeckte, wie unser Köhler, der auf die Weise das erntereife Feld des ver­storbenen Bauern wiederfand.

Aus Flämische Ente wurde später Flente; noch heute sagt man: „Die Flente ins Korn werfen“.

Auch das Schießgewehr erbte später den Namen der Entenrasse: Erpel dieser Rasse warf man nämlich besser nicht – sie neigten zum Jähzorn, drehten sich nach dem Aufprall um und attackierten den Werfer mit sehr schmerzhaften Hieben in alle erreich­baren Körperteile. Aufgrund eines be­sonders harten und spitzen Schnabels und einer für Enten unglaublichen Re­aktionsgeschwindigkeit fühlten sich solche Bisse und Schnabelhiebe wie Schüsse an.

Der erste aktenkundige Mensch, der ein geladenes Gewehr in die Luft warf, dürfte nach dessen Aufprall am Boden ziemlich genau die gleichen Gefühle in den Waden gehabt haben, denn sein schmerzerfüllter Ausruf: „Aauaah – det piesakkt ess ne Flente!“ blieb schließlich als Spitzname an dem Schießprügel haften.

Das Werfen von Gewehren wurde gesetz­lich verboten, über das Werfen von Flenten streiten sich heute Tierschützer mit Bürger­meistern [TAZ 18.8.2005].


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #063 - Gummihuhn

23. September 2024

Das Gummihuhn. Gallus latex.

Das Gummihuhn ist ein sehr beliebter Vogel, es wird von vielen Menschen wegen seiner Stimme gemocht

<Geräusch>

Das Gummihuhn gehört zwar zur Gattung der Hühner, dennoch gibt es einige Unterschiede zu anderen Hühnern. Als Beispiel kann man hier die Form des Gummihuhns nennen, diese wirkt eher länglich statt rund.
Beim nächsten Geräusch kann man vermuten, das Gummihuhn sucht sich ein paar Körner:

<gackern>

Allerdings kommen Gummihühner sehr gut ohne Nahrung aus. Diese Vögel ernähren sich im wahrsten Sinne des Wortes von Luft und Liebe. Luft ist hierbei allerdings das wichtigste, die charakteristischen Geräusche entstehen beim Gummihuhn durch eine spezielle Atemtechnik beim Ein- und Ausatmen.

<gackern>

Das Gummihuhn ist ein sehr beliebter Vogel, vor allem bei Quatschköpfen, Spielkindern und sogar bei Hunden. Wobei letztere auf dem Gummihuhn herumbeißen während das Gummihuhn um sein Leben schreit!

<lautes quietschen>

Spielkinder und Quatschköpfe empfinden das Gackern des Vogel als lustig, weshalb Gummihühner auch immer wieder zweckentfremdet werden. Als Beispiel kann man eine Gruppe Musiker nennen die ihr Schlagzeug mit Gummihühnern ausgestattet haben.

<musik>

Gummihühner lieben Musik, wobei sich Gummihühner nicht auf eine Musikrichtung festlegen, sie lieben auch klassischere Musikstücke

<klassik>

Gummihühner können hervorragend einzeln gehalten werden, bei diesen Vögeln muss nicht davon ausgegangen werden, dass diese irgendwann vereinsamen. Das Gummihuhn ist allerdings sehr vielseitig, wenn man es mit anderen Tieren in einer Herde halten möchte, ist dies auch kein Problem. Gummihühner musizieren auch gerne in der Gruppe.

<duett>

Mit musikalischen Beispielen könnte man an dieser Stelle stundenlang weitermachen, ein Musikstück möchte ich Ihnen allerdings nicht vorenthalten. Beethovens „Für Elise“, ein Musikstück was viele nur noch aus Telefonwarteschleifen kennen.

<für elise>

Damit sollen die musikalischen Beispiele aber auch schon reichen, Gummihühner können ja weitaus vielseitiger eingesetzt werden. Diese spezielle Atemtechnik, wodurch die Charakteristischen Geräusche entstehen kann auch zweckentfremdet werden. Die Tiere brauchen nur Luft, egal wo diese herkommt und wie dreckig diese ist. Als Beispiel kann man hier auch ein Auspuffrohr eines Traktors aus den 1970er Jahren nehmen.

<treckerhuhn>

Damit klingt der Traktor auch einfach viel lustiger. Weil es so schön war hören wir uns das gleich nochmal an.

<treckerhuhn>

Gummihühner sind ein hervorragendes Haustier, sie sind leicht zu halten und brauchen kein Futter! Ein wenig Luft werden Sie ja wohl für Ihr Haustier übrig haben.

Wir finden: jeder sollte ein Gummihuhn haben, es macht einfach Spaß!

Hören Sie doch mal (lachend) <gackern>


Beteiligt:

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Gregor Börner
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Vogel der Woche: #064 - Der Fimmelpilz

16. September 2024

Heute: Der Fimmelpilz. Hipsteria schwallhalla.

Der Fimmelpilz bringt mit großer Regelmäßigkeit und epidemieartig Menschen auf sehr dumme Ideen, die sich typischerweise in gemeinsamen Halluzinationen manifestieren; derzeit ist eine solche Epidemie zu beobachten am Aufploppen der Manufakturen für Alles und Jedes; sei es eine Frisur Manufaktur, eine Fleisch und Wurst Manufaktur, eine Eis Manufaktur oder eine Fritten Manufaktur.

Diesen halluzinatorischen Erlebnisswelten wohnt ein gemeinsamer Faktor inne: nämlich, dass Phantasiepreise für Produkte von weit unterdurchschnittlicher Qualität erhoben werden; das So-Sehr-Besonders-Sein zählt, wenn ich eine einzelne Manufaktur-Fritte mit einem daranliegenden Körnchen einer geeisten Erdbeere für zwanzig Euro unter permanentem Duzen und Anrede mit einem Phantasienamen verkonsumieren darf.

Oder wenn ich ein erbsengroßes Eiskügelchen der Geschmacksrichtung Linse-Tellerrand in einem Pokal voller Tafelwasser mit einem Spritzer Salt-Vinaigrette und einem Veilchenblütenblatt drinne kredenzt bekomme, und mir die Kredenz-Person ganz klar macht, dass das „so ganz true Very very“ ist und keine Blumenvase mit Resten des Abspülwassers drin. Na ja, dafür lass ich dann auch schon mal ’nen braunen Lappen oder dessen Äquivalent „mit Karte, bitte“ von meinem Konto runtersaugen.

Und nun gar eine Fleisch und Wurst Manufaktur mit einem Plastiktier in Schweineform, So Kommet und Kaufet Plastikfleisch, das wir eigentlich aus’m Aldi gezogen haben, und dann mit den Schnittabfällen aus unserer kleinen Frisur Manufaktur paniert, auf Eure Teller drapieren, woraufhin Ihr Euch in Wollust stöhnend am Boden wälzen möget – der Spaß kostet dann einen grünen Lappen, weil, da ist ja mehr als zehn Gramm…

Mögt Ihr dies jetzt für ein akutes Manufakturen-Bashing halten, so sei es drum. Ich weiß es besser. Denn der Fimmelpilz, der Leute in ihren kollektiven Individualrausch ausrasten lässt, sobald es um Nouvelle Cuisine, Hipster- oder sonstige Autosuggestionen des infiniten pseudo-intellektuellen Verfeinerns geht, der grassiert schon seit vielen tausenden von Jahren in der menschlichen Population herum. Er wird unter anderem auch im Märchen von des Kaisers Neuen Kleidern wiedergegeben, wo dann das kleine Kind als einzige Person der kollektiven Masse in die Landschaft kräht: „ey, der Tüp sitzt ja voll nackig auf seinem Sessel rum!“

Der Fimmelpilz findet immer wieder seine Kundschaft. Darauf eine linsengroße Menge Plastikfleisch mit geeistem Frittenhauch an Scheckkarte Deluxe in Frisur-Tafelwasser!

Und nun schau nicht so konsterniert drein, Du, sondern friss das auf. Du, du… Du Urmel.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #063 - Der Zeitmops

9. September 2024

Heute: Der Zeitmops. Canis tempofugitus.

Der Zeitmops mopst einem Zeit. Er ist possierlich, erinnert an irgendwas anderes, und das war‘s dann mit dem Tag.

Der Zeitmops geht dabei so subtil vor, dass mensch überhaupt keinen Zorn auf den Hundoiden entwickeln kann, denn er verschwendet dabei keine finanziellen oder materiellen Ressourcen, zerkaut also weder Bankkarten noch Portemonees, baut keine Hindernisse in den Weg, trötet nicht seine Eigenbedürfnisse mit Leine im Maul oder per Stepptanz mit der leeren Schüssel in die Gegend, er ist einfach nur durch seine Anwesenheit ablenkend.

Die Menschheit zerfällt über den Zeitmops in mehrere Meinungshoheits-Lager:

  • die einen meinen, das sei eigentlich ein positiver Skill.
  • die anderen meinen, das sei bestimmt Gehirnwäsche.
  • eine dritte Gruppe meint, die erstgenannten zwei Gruppen hätten beide einen mentalen Hau.

Währenddessen kratzt sich der Zeitmops fröhlich hinter dem Ohr, kaut auf seiner Sanduhr und lauscht ergeben weiter dem menschlichen Geblubber.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #062 - Der Butschi

2. September 2024

Heute: Der Butschi. Butschi butschi.

Ein Vogel von sehr unterschiedlicher Gestalt ist der Butschi. Jedoch haben all seine verschiedenen Morphen eins gemeinsam: Sie tauchen immer in menschlicher Obhut auf und bewohnen meist einen Einzelknast – mal mit, mal ohne Spiegelchen und Glöckchen und Plastikkumpel. Butschis werden zu den verschiedensten Vogelordnungen gezählt – mal gelten sie als Finkenartige, mal als Handfüßer, gelegentlich kommen sie auch in einer Hühner- oder Drosselversion daher.

Der seltenste, größte und auch lokal berühmteste Butschi wurde von Ornithologen gar als Höckerschwan angesprochen, was aber gar nicht stimmen konnte, weil er einen kurzen Hals, sehr dicken Kopf, gelbe Augen und messerscharfe Greifvogelklauen hatte.

Oft werden Butschis von ihren menschlichen Besitzern dermaßen repetetiv mit ihrem Eigennamen vollgetextet, dass sie ihn selber auswendig hersagen können. Ein solcher interspeziezistischer Dialog geht beispielsweise folgendermaßen von Statten:

Mensch: „Butschibutschibutschi“
Vogel: „SCHRÄÄK!“
Mensch: „Butschibutschibutschibutschibutschi“
Vogel: „Butschi. SCHRÄÄK!“

Die Lautäußerungen von Butschis können stark variieren: von flötenartigen Pfiffen und Trillern bis hin zu Schnarch-, Schnatter- und Klickgeräuschen reicht ihr Repertoire. Meistens sind sie leidlich handzahm, und gelegentlich erreichen einzelne Exemplare ein biblisches Alter, wie zum Beispiel der Butschi Georg, der flugunfähig auf den Galapagos lebt und sehr lange Zeit für eine Riesenschildkröte gehalten wurde.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #061 - Der Flussüberläufer

26. August 2024

Heute: Der Flussüberläufer. Tringa trancea.

Dieser Vogel kann auf dem Wasser gehen. Das hat ihm nicht nur Freunde eingebracht; die Erstbeschreiber KAPPLAN & GURUH fanden es noch lustig mit anzusehen, wenn der Flussüberläufer leichtfüßig über die Wellen trippelte, aber ihr Freundeskreis hat sich daran blutig zerstritten.

Biologie und Theologie haben sowieso schon nicht den Ruf, der anderen Fach­richtung gegenüber tolerant zu sein, aber die Diskussionen, die um das Überwassern des kleinen graubraunen Langschnabels geführt wurden, zeichneten sich durch zunehmende Intoleranz sich selber gegenüber aus.

Da stritten Theologen mit Theologen und Biologen mit Biologen, bis alles ein heil­loses Durcheinander aus Theorien und Thesen war. Die theologische Seite hat sich mittlerweile aus der Diskussion zurück­ gezogen, aber das Gezänk ist dadurch nicht schwächer geworden – nur blutiger.

Es gibt vierzehn Hauptthesen, warum der Flussüberläufer nicht untergeht, und 352
Thesen, warum er auf dem Wasser läuft.

Die wichtigsten seien hier angeführt:

1. Er geht nicht unter, weil er das Wasser verdrängt.
2. Er geht nicht unter, weil Enten das auch nicht tun.
3. Er trägt Schwimmweste unterm Brustgefieder. (unbewiesen)
12. Er nutzt die Oberflächenspannung des Wassers aus – ein Schuss Pril, und auch er würde eintunken.
55. Seine Federkiele sind mit Was­serstoff gefüllt. (unbewiesen)
56. Er ist leichter als Luft, und die Oberflächenspannung des Was­sers saugt an seinen Füßen und hält ihn unten.
59. Seine Füße sind so heiß, dass sich zwischen ihnen und der Was­seroberfläche ein Kissen aus ver­dunstendem Wasser bildet, wel­ches ihm Auftrieb gibt.
214. Seine Füße sind so kalt, dass das Wasser sich schockartig zusam­menzieht, wenn er drauf und dran ist, es zu berühren.
228. Er benutzt die Flügel und hält sich dadurch oben. (unbewiesen)
347. Er benutzt den Kopf und hält sich mit dem Schnabel irgendwo fest. (unb.)
348. Er hat ein superschnell verduns­tendes Deo, das ihm Auftrieb gibt. (unb.)


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #060 - Der Hundertwasserläufer

19. August 2024

Heute: Der Hundertwasserläufer. Tringa hundertwasseri.

Ein ausgesprochen graziles Tier, bunt angemalt und sehr eng verwandt mit dem Bruchwasserläufer.

Der Hundertwasserläufer brütet in künstleri­schen Tassen, die mindestens 100 Euro pro Stück kosten und aus limitierten und handsignierten Editionen stammen.

Seine enge Verwandtschaft mit dem Bruch­wasserläufer ist in diesem Zusammenhang als fatal anzusehen, gehen doch bei den üblichen familiären Besuchen rund 99% aller Hundertwasserläufer-Gelege mitsamt den Nistgelegenheiten zu Bruch.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #059 - Das Rotkahlchen

12. August 2024

Heute: Das Rotkahlchen. Erithacus nudecula.

Schockmauser, Schwerenot!

Gerade eben noch twitschte das kleine bunte Vögelchen am Kühlergrill des Vierzigtonners vorbei. Dass es dabei fast sämtliche Federn lassen musste, kümmert den kleinen Kamikazeflieger wenig, Hauptsache, der rettende Straßenrand ist erreicht!

Es plustert sich – ähm ja. Es plustert sich nicht, stattdessen guckt es etwas bescheuert aus der – ähm ja. Es hat keine Wäsche.

11.947 Federn besitzt das herkömmliche Rotkehlchen an allen möglichen Stellen des Körpers. Dem kleinen Piepsgesellen im Gestrüpp neben der Leitplanke sind davon ungefähr 47 Stück verblieben. Diese Information gilt es nun erst mal zu verarbeiten.

In 100 Metern Entfernung hat soeben ein 40-Tonner einen Brückenpfeiler geschrammt, nachdem circa 11.900 Federn gleichzeitig durch die Lüftung ins Führerhaus gepustet wurden.

Traurig piepst das Rotkahlchen.

[Hinweis: eine schönere Version ist natürlich die von Felix (6 Jahre) im Quatschbrötchen #106! https://qqq.quatschbroetchen.de/qbe-vogel-der-woche-das-rotkahlchen/ ]


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #058 - Der Albatrotz

5. August 2024

Heute: Der Albatrotz. Diomedea aeona.

Jener Vogel kann sich jahrzehntelang, majestätisch auf seinen weißen Schwingen über den Ozean gleitend, in der Luft halten. Sein Beharrungsvermögen ist wahrscheinlich einzigartig in der Welt der lebenden Tiere. Oder wie Irene Eibl-Eibesfeld, eine sehr berühmte Ornithologin, mal formulierte: „So viel Sturheit ist eigentlich ein arttypisches Bestimmungsmerkmal für den Feldspat.“

Die nächsten Verwandten des Albatrotzes zeigen ebenfalls bereits eine beachtliche Tendenz zum Langflug; die holt es teilweise drei Jahre lang nicht aus der Luft. Aus dieser Zeitspanne werden beim Albatrotz aber auch schon mal locker drei Jahrzehnte, wie Beringungs-Experimente an den Tag gebracht haben.

Ein großes Problem haben jene Albatrotze, die sich entscheiden, doch endlich mal zu landen: ihre Füße sind die Bodenberührung nicht gewöhnt und zucken jedesmal wie angestochen zurück; dadurch sind sie nicht wirklich eine Hilfe, und der Vogel muss sich schließlich nach einer langen Serie von Rücktritt-Kapriolen auf den Rücken werfen, um das Problem seiner übermäßig kitzligen Ständer in Griff zu bekommen. Er benötigt ungefähr eine Woche, um sich richtig herum hinstellen zu können und das zu tun, wozu er kam, nämlich das was Vögel so tun wenn ihnen langweilig ist weil sie am Boden hocken: sich noch mehr hinhocken und Eier ausbrüten. Sobald ein Albatrotz diesen Programmpunkt erledigt, und auch den nächsten, nämlich das Volltanken der Küken mit Kalorien, mit Erfolg absolviert hat, schmeißt er sich aber direkt wieder von seinem Felsen runter und juckelt die nächsten dreißig Jahre in der Luftfahrtgeschichte rum, schreit ab und zu mal die Fische an, kackt aufs Meer, hört Langspielplatten von Tangerine Dream und denkt über Poppen nach.


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HikE Worth
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Susanne S.
Sprecherin

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Vogel der Woche: #057 - Der Dreadspatz

29. Juli 2024

Heute: Der Dreadspatz. Passer botulotrichus.

Der Dreadspatz ist ein ganz entspannter Geselle mit einer sehr interessanten Gefiederform.

Er ist meist Vegetarier oder Veganer, und das muss er vermutlich auch sein, damit es nicht zu Kannibalismus kommt, denn sein Gefieder sieht aus wie lauter Würstchen.

Sein Gesang ist nicht ein Tschilpen wie bei den anderen Spatzen, sondern ein Chillen. Aber meist singt er nicht selbst, sondern lässt einen Kasten mit ein paar Lautsprechern drin singen, setzt sich mit einigen Artgenossen davor und hört sich das ganz entspannt an.

Seine pflanzliche Nahrung nimmt der Dreadspatz auf verschiedene Weisen zu sich, nicht nur Körnchen und Pilschen werden gepickt, sondern auch harzige Blättchen durch niedertemperaturige Verbrennungsprozesse in Feinstaubform überführt und eingeatmet.

Das Letztere ruft öfter mal einen nahen Verwandten des Dreadspatzes, den Sperrling, auf den Plan, welcher das Einatmen von Pflanzen-Feinstaub offiziell überhaupt nicht gut findet, aus irgendwelchen merkwürdigen Vorurteilen heraus direkt mit der Farbe Orange in Verbindung bringt, und daher den Dreadspatz gerne mit Pfefferspray bearbeitet – ohne indessen seine Inkonsequenz zu bemerken, denn Pfeffer ist auch ’ne Pflanze und Spray ist – technisch gesehen – auch nur Feinstaub…


Beteiligt:

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HikE Worth
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Caspar A.
Sprecher

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