Vogel der Woche: #100 - Der Bieradler

26. Mai 2025

Heute: Der Bieradler. Aquillablabla cervejae.

Nicht ganz so gemütlich wie der Bierbussard kommt der Bieradler ‚rüber. Er hält sich selbst für eine echte Stimmungskanone, die bei keiner geselligen Runde fehlen darf; die anderen Vögel teilen von dieser Metapher nur das Bild der Kanonenkugel, welche in eine vormals friedlich-fröhliche Runde einschlägt.

Fröhlichkeit z. B. in einem Biergarten zieht ihn magnetisch an; allerdings macht der Adler bereits bei seinem Eintreten Stress an der Theke und nölt rum, er belauert jede Bewegung des Zapfhahns beim Zapfen, kontrolliert den vom Eichhörnchen aufgemalten Eichstrich an sämtlichen sichtbaren Gläsern mit seinem Adlerauge und teilt allen anderen Anwesenden unaufgefordert mit, dass alles unter seiner Kontrolle ist.

Das mag natürlich kein anderer Vogel während seines Feierabends, und auch kein anderes Tier, weshalb es im Biergarten mit dem Aufschlagen des Bieradlers erstmal still wird. Davon bemerkt der Adler nichts, da er – als echte Stimmungskanone – ja schließlich gewohnt ist, dass seine nun einsetzenden Monologe und Reden zum Feste nicht unterbrochen zu werden haben.

Jedoch hat er auch mit dem best-kontrollierten und korrektest-abgefüllten Bier alsbald Probleme welche er auch beim größten Argwohn nicht auf den Wirt zurückführen kann; die Bierkenmaus-Clique aus den Bäumen beginnt nämlich, ihm Streiche zu spielen. Flugs ist des Bieradlers Humpen während eines seiner Monologe mit einem langen Strohhalm geleert, oder in seinen Flaschenboden wurde ein Loch geknabbert, noch bevor er den Kapselheber (Verwaltungsdeutsch für Flaschenöffner, Kronkorkenentfernungswerkzeug; in der Praxis meist alles vom Einwegfeuerzeug bis zum 30 cm langen Schlitzschraubendreher) zum Einsatz gebracht hat.

Die anderen Tiere bekommen diese Streiche durchaus mit und sind einerseits erleichtert, dass ihre eigene Hopfenkaltschale nicht auf dem Radarschirm der anarchischen Hüpfmäuse ist, andererseits freuen sie sich daran, wie der mürrische und herrschsüchtige Bieradler zunehmend die Kontrolle über seine Umgebung verliert.

Laut zu lachen traut sich allerdings kein anderes Tier, denn der Bieradler ist wirklich sehr nachtragend, wenn etwas seine furiosen Nörgelmonologe unterbricht, und seine Stimme ist, wie die der meisten Adler, nicht nur nicht besonders lieblich, sondern sie kann sich von Genörgel bis zu einem Kreissägen-Kreischen steigern. Und ein kreischender Bieradler ist das Letzte, was die friedlichen Vögel zu ihrem Bier, ihren Nüsschen und ihrem Tagesausklang brauchen können.

Also verschluckt sich höchstens mal der eine oder andere, wenn er bei einem besonders dreisten Streich der Bierkenmäuse selber das sprichwörtliche Mäuschen sein darf, und sprüht dann sein Getränk durch die Nasenlöcher wieder aus.

Nach ungefähr drei oder vier Streichen zischt der Bieradler endlich beleidigt ab, und der Zapfhahn schickt ihm eine oder zwei Hennen hinterher, um sicherzustellen, dass der Adler außer Hörweite ist. Und solange die Hennen nicht wieder da sind, müssen alle anwesenden Tiere stillhalten, egal wie viel Bier sie aus den Nasenlöchern sprühen – weil sie wissen, dass der Bieradler beim leisesten Lacher wieder umdreht und erneut seinem Auftrag als echte Stimmungskanone nachkommen muss.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #099 - Olme der Tieflahn

19. Mai 2025

Die Olme der Deutschen Tieflahn-Expedition

Am 25. April 2021 setzte an Bord von U901 ein Edit-War ein, als es an die Bearbeitung der Exkursionsausbeute im Bereich der Olme ging (das sind Lurche aus der Tierklasse Amphibia). Bis heute wissen wir nicht, ob die nun folgend genannten Arten valide sind, oder ob sich da nur die beiden Kapitäne des Uboots gegenseitig gefoppt haben.

Aber lassen wir die beiden selbst zu Wort kommen.

  •  Schottenolm (Amphibius ventilis Kalamari, 2021)

Ein Tier, das am liebsten auf der Luke sitzt und verhindert, dass die Schotten dicht gemacht werden können. Auf einem Uboot so ziemlich das zweitlästigste Tier nach Tape Ahab.

  • Sprottenolm (Amphibius sprattiformis Kalamari, 2021)

Neuentdeckte Fischart, Quatsch, Lurchart, aus dem Marburger Meer da wo es am tiefsten ist. Der Sprottenolm ist klein, glitzert silbrig, kommt in Schwärmen vor und schmeckt erstaunlich nach erstaunlich leckerem Dosenfisch.

  • Kalamari (Amphibius tentakelis Ahab, 2021)

Ein hässlicher Klotz, der viele glitschige Arme hat und zudem Maulbrüter ist. Geradeausschwimmen ist nicht seine Sache, außer eine Erdnuss wird an einer Angel vor ihn gebunden. Ist nach dem Schottenolm so ziemlich das lästigste Tier an Bord.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #098 - Brieftaube

12. Mai 2025

Die Brieftaube. Columba lettera.

Die Brieftaube, wer kennt sie nicht aus Anekdoten von Opa, wenn der „vom Krieg“ oder „aus’m Ruhrgebiet“, oder von „damals als ich noch römischer Kaiser war“ zu erzählen anfängt? Ein Vogel, dem man Depeschen umschnallte und ihn dann fliegen ließ, weil Tauben, wie Forschix heute weiß, einfach einen sensationell geilen Orientierungssinn haben mit Magnetfeldkompass, polarisiertes Licht sehen und was weiß ich sonst noch alles für Hightech Features – Tauben sind sogar bekannt dafür, ein Tonstudio im Hals zu haben, aber ich lenke ab.

Joar, die Tauben selbst, die fanden das wahrscheinlich mit den Briefen eher nicht so prickelnd, aber sie waren eben jenseits ihrer für einen Menschen absolut befremdenden Ortungssinne sensationell geil auf ihre Lebenspartner*innen, welche, am Zielort eingesperrt, ihrer Beziehungs-Gegenstücke harrten, um bei nächster sich bietender Gelegenheit zwo Eier zu legen, zwei sensationell hässliche Küken ihr Familienglück zu nennen und sie mit Kropfmilch zu atzen.

Tauben sind sensationell seltsam.

Und wenn Opa davon erzählt, ist das für die meisten Zuhörenden eine Art tektonische Plattenverschiebung im Raum-Zeit-Kontinuum, wo doch heute Smartphones all das können, was früher die Brieftaube „by nature“ draufhatte, und zwar ganz ohne 5G-Sendemasten.

Zurück zur Brieftaube. Früher, schon in der Antike, wie wir aus Asterix-Filmen wissen, schleppte die Brieftaube Botschaften durch die Gegend, und war ’ne echte Konkurrenz zum reitenden Boten, hatte aber im Gegensatz zum reitenden Boden das gleiche Problem wie heute die Drohnen: Greifvögel, die entweder keinen Bock auf Durchzug durch ihr Revier hatten, oder viel Bock auf Mahlzeit. – Okay, die ersteren können, zur Brutzeit, in Wäldern oder Parks unterhalb ihrer Brutbäume mit den Horsten oben drauf auch schon mal angriffig auf sich schnell bewegende Dinge, wie z. B. reitende Boten, Radler oder freizeitrennende Menschen reagieren. Da muss es nicht die Brieftaube als Auslöser sein, zugegeben.

Jedoch hatte die Brieftaube trotzdem das Problem mit den Greifvögeln, egal ob durch „Mein Revier!“ oder „Essen!“ motiviert, und wir sind hier nun mal nicht ein Wissenschaftspodcast, sondern eine satirische Serie. Also Schnauze dahinten und weiter im Plot. Ich wollte nämlich ganz woanders hin.

Also die Brieftaube von der bereits Opa Julius Cäsar vor sich hin erzählt, hah, wer hätte das nun gedacht? – die meine ich gar nicht. Die hätte nämlich den Artnamen Columba livia domestica.

Ich will reden von der Columba lettera, der Namensnachfolgerin jener einstmals im großen Stile hochleistungsgezüchteten, vorhin beschriebenen, heute nur noch in Form von Stadttauben sattsam bekannten Vogelsorte.

Die Columba lettera transportiert keine Briefe. Sie sitzt im Schwarm der Stadttauben, fliegt mit ihnen die taubentypischen Kurbeleien, stürzt sich wie blöde auf Zeug, was ihr hingekrümelt wird, findet ihre*n Lebenspartner*in so geil wie jede andere Taube das mit – okay, weniger kompliziert formuliert: geht wie jede andere Taube eine stabile Langzeitbeziehung ein die nur der Omnibus-Zwillingsreifen oder ein Greifvogel, oder schimmliges Brot als Futter beenden kann – verabfolgt mit Hingebung den sensationell hässlichen zwei Taubenküken pro Brut Müsli aus’m Kropf, mit Milch, alles tauboid quasi.

Bis auf einen Punkt. Die Columba lettera, da vor deinem Dachwohnungs-Fenster auf dem Lawinenfanggitter balancierend, die Dachrinne bis zum Eichstrich vollkackend und mit ihren Kolleg*innen gemeinsam Taubengeräusche machend, die macht ein ganz besonderes Geräusch.

Wo sie das gelernt hat, ist unbekannt, aber es klingt nach einer Post-Werbekampagne der späten 1980er Jahre.

Die gurrt: „Schrrreib mal wieder. gurrruuuh.“

Guten Morgen.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #097 - Der Sojasprosser

5. Mai 2025

Heute: Der Sojasprosser. Luscinia vegana.

Dieser Vogel ist eng verwandt mit der Nachtigall. Er ist unscheinbar graubraun und fällt im Stadtbild meist nicht besonders auf, hat aber scheinbar irgendwo tief in sich drin einen Kompressor verbaut – es ist jedenfalls unglaublich welche Loudness dieser Vogel zustandebringt, wenn er den Schnabel mal zu was anderem als zum Fressen öffnet. Der Gesang des Sojasprossers ist ebenso wie der seiner Schwester Nachtigall unüberhörbar. Wo sie – also die Nachtigall – aber eher nachts tönt, da ist der Sojasprosser eher tagsüber zu hören, und wo sie – also die Nachtigall – scheinbar dauernd über die süße Liebe trällert, zumindest wenn es nach solchen Romantik-und-Drama-Steilvorlagen wie „Romeo und Julia“ geht, da wird das Lied des Sojasprossers eher mit so handfesten Dingen wie Keimlingen in Verbindung gebracht.


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HikE Worth
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Caspar A.
Sprecher

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Vogel der Woche: #096 - Fettchen

28. April 2025

Das Fettchen. Mustela steata.

Das Fettchen verursacht einige der lustigsten Geräusche der Welt, wenn es in ein Fettnäpfchen tritt. Da es das aber persönlich absolut nicht lustig findet, rutscht ihm zusätzlich zu den lustigen Geräuschen auch öfter mal ein frustriertes lautes „wääääää!“ heraus.

Fettchen streichelt mensch am besten mit einer ungeschmierten Scheibe Brot, denn ein Fettchen im Haus erspart die Butter im Kühlschrank. Allerdings muss es dazu erst mal an Brot gewöhnt werden, denn es lässt sich nicht anfassen und muss von selbst herausfinden, dass es sich an Brot sehr gut das Fell sauber schubbern lässt.

Als zahm kann mensch ein Fettchen betrachten, wenn es nach seinem Einmarsch in den Fettnapf mit einem „Wääää!“ in Richtung Frühstückstisch eilt, um sich gegen die hingehaltenen Brotscheiben zu werfen.

Übrigens braucht mensch sich um die Bereitstellung eines Fettnapfs gar nicht zu kümmern; Fettchen finden derartige Gegenstände mit dem untrüglichen Instinkt eines – nun ja, Fettchens – ganz alleine.

Hat mensch allerdings geschmackliche Vorlieben wie Rosmarin-Fettnapf oder ähnliches, kann mensch selbstverständlich auch dezent nachhelfen.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #087 - Wachteil

24. April 2025

Das Wachteil. Coturnix uhrnix.

Das Wachteil zeichnet sich durch präzises Aufwachen zum garantiert falschen Zeitpunkt aus. Wachteile verdösen den Tag, um just in dem Moment ihren Kopf aus dem Busch zu stecken, in dem ein Habicht drauf landet oder ein Fuchs mit Appetit auf eine kleine Zwischenmahlzeit vorbeischaut.

Wenn ein Wachteil sich einen Wecker stellen würde, würde dieser Wecker exakte­ment in der Sekunde bimmeln, in der eine Blindschleiche mit dem Hörrohr das Gestrüpp auf Essbares durchhorcht.

Wer hat gesagt, daß das Leben fair ist?


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HikE Worth
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Gregor Börner
Sprecher

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Vogel der Woche: #095 - Der Wetterstar

21. April 2025

Wetterstar. Sturmus vulgaris.

Diesem so sehr nach einem gewöhnlichen Star aussehenden Vogel traut kein Mensch irgend etwas anderes zu als seltsames Gezwitscher, Kirschenklau und anderes vogelübliches Zeug; vielleicht noch das Brüten in einem Starenkasten, und, wenn die Assoziative Phantasie des Menschen überschäumt, vielleicht sogar das Brüten in einer Auto-Blitzer-Kamera, aber auch nur weil diese dummerweise ebenfalls Starenkasten genannt wird.

Aber der Wetterstar ist nicht so einer. Seltsam zwitschern mag noch angehen; das ist aber auch nicht seltsamer als das was andere Stare so zwitschern: also dieses ganze Fümms bö wö, rinzekete rakete, und so weiter.

Und Kirschen klaut er höchstens über einen metereologischen Umweg. Der Wetterstar ist nämlich der Erzeuger des Starwind, eines exorbitanten Sonderwetters, welches noch stärker als ein herkömmlicher Starkwind reinhaut und die Kirschen wie auch alles andere von wirklich jedem Baum runterwirft.

Sein Flügelschlag bewirkt eine ganze Menge. Der Wetterstar weiß das und bewegt sich daher meist zu Fuß, denn ihn selbst wirft es bei Starwind ebenfalls vom Baum.

Kürzlich wurde dem Wetterstar die Moderation einer eigenen TV-Show angeboten, Wettern Dass?!; jedoch lehnte der Vogel ab mit der Begründung, er sei nicht so ein begeisterter Wetter.

Dabei zuckte er bedauernd mit den Flügeln, was den Tornado Helene auslöste, wodurch noch viel weniger Kirschen an den Bäumen geblieben sind als sonst.

So kann’s gehen.


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #094 - Der Ikea

14. April 2025

Heute: Der Ikea. Nestor inotabilis.

Dieser Vogel war bis vor kurzem der häufigste Papagei Neuseelands. Er erfreute sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit, da er ein handwerkliches Talent besaß, und das ganz ohne Hände! Nur mit Füßen und Schnabel war der Ikea in der Lage, Regale aufzubauen, die nicht zusammenbrachen, und Stühle zu montieren, die stehen blieben, wenn ein Mensch sich draufsetzte. Bei alldem war der Ikea genügsam, flog zum Rauchen, zum Poppen und zum Essen nach draußen, putzte sich die Füße (und den Schnabel) ab, wenn er wiederkam, trank niemals vergorenen Gerstensaft, und besaß – als Tüpfelchen auf dem I seines Charakters – auch noch eine erstaunlich wohltönende Stimme, die niemals lachte wie eine alte hämische Tante, und auch niemals das Zeitzeichen im Radio oder den Handyklingelton zur Unzeit nachahmte.

Er war so beliebt, dass er sogar zum Wappenvogel des neuseeländischen Dachverbandes der Mund- und Fußmaler aufstieg, und die Belange dieser Menschen ohne Arme werbewirksam in Brief, Fax, Rundfunk und Fernsehen vertrat.

Leider starb der Ikea nach einem Direktkontakt mit dem Ifresser aus.

Heute lebt nur noch sein enger Verwandter, der zweithäufigste und eher zwölftbeliebteste Papagei Neuseelands, der gummidichtungsknispelnde Kea (Nestor notabilis), der einen Imbusschlüssel nicht von einer Salzstange unterscheiden kann.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #093 - Die Schollenente

7. April 2025

Heute: Die Schollenente. Bucephala glaciens.

Die Schollenente ist auch von weitem schon leicht von anderen Entenarten zu unterscheiden, denn sie trägt ganzjährig eine deutlich erkennbare Scholle im Gefie­der, und zwar rundum, auf Höhe der Wasserlinie.

Diese Scholle beeinträchtigt zwar ein wenig die Manövrierfähigkeit der Ente beim Schwimmen, gibt ihr jedoch auch zusätz­lichen Auftrieb. Zur Balzzeit, wenn sich viele Schollenenten auf dem Wasser versam­meln, geht es da so lebhaft zu wie beim Autoscooter. Die Erpel scheinen förmlich Vergnügen daran zu finden, Konkurrenten mit Hilfe der Scholle aus dem Kurs zu rammen. Ob hier noch andere Vögel mit merkwürdigen Schnurrbärten aufspringen, um Plastikchips einzusammeln, wurde bis­ her aber nicht beobachtet.

Ein weiterer Vorteil der Scholle erschließt sich dem Beobachter in der Brutzeit. Die Ente „deckelt“ damit ihr Nest, um es vor zu starker Sonneneinstrahlung oder Regen zu schützen. Die Eier wendet sie von Zeit zu Zeit geschickt mit den Füßen und kann dabei obenrum noch Gefiederpflege be­treiben.

Die Schollenenten gehen tagsüber ungern an Land, weil das einfach doof aussieht, sie gelegentlich nach einer Seite umkippen, und sie die Sprüche, die dann kommen, nicht so abkönnen. Sie sind aber wahre Flugkünstler, wenn sie’s erstmal in die Luft geschafft haben, denn die Schollen bringen gute aerodynamische Eigenschaften mit. („Bürzelchen! Schau mal! Ich hab’ Dir aus der Stadt ein paar schöne aerodynamische Eigenschaften mitgebracht!“)

Der Landeanflug dauert daher auch etwas länger als bei anderen Entenarten, weil das Aussegeln ja auch noch erledigt werden muss. Die junge, noch unerfahrene Schol­lenente verfehlt dann auch schon mal den Teich, weil sie über’s Ziel hinausschießt und dann im günstigsten Fall auf Uferzonen oder Brachflächen ausrodelt. Das merkt sie sich aber schnell und lernt bald dazu.

Schollenenten kommen daher eigentlich auch nur auf größeren, oder wenigstens längeren Teichen vor.


Beteiligt:

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Theobromina
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Vogel der Woche: #092 - Die Attackelerche

31. März 2025

Heute: Die Attackelerche (Kamikazelerche). Alauda attacka.

Die Lerchen haben generell ein kleines Problem, nämlich das Gefährdetsein und Aussterben. Ihre Lebensräume werden zubetoniert, und der typische Lerchenflug funktioniert nicht auf Landebahnen und Parkplätzen, egal wie sehr diese in unbepflanztem Zustand einem Acker ähnlich sehen mögen. Die den Asphalt beweidenden bunten Blechbeulen stören erheblich. Außerdem gibt es immer weniger zu futtern für die Lerchen, denn ihre Snacks kommen grundsätzlich unverpackt daher und können auch schon mal fliegen. – Natürlich treffen diese Kriterien auch irgendwie auf eine Boeing 747 zu, jedoch gibt es mit letzterer mehrere kleine Probleme; das beginnt beim fehlenden Dosenöffner und endet nicht zuletzt bei der Größe der Schnabelöffnung der normalen Lerche.

Die Lerchen sind sich der Problematik ihrer Existenz durchaus bewusst und haben sich gebietsweise zu Interventions-Gruppen zusammengeschlossen, die Guerilla-Gardening betreiben, mit Infoblättern auf ihre Lage aufmerksam machen, und sich auch als Anlaufstelle und Kooperationspartner für andere gefährdete Vogelarten (zum Beispiel den Tierfreund-Kiebitz) der Acker-, Feld- und Wiesenbrachen betätigen. Wo immer sie können, bilden sie Banden und bringen der menschlichen Bevölkerung die Flötentöne bei.

Im April 2012 kam es zu einer offenen Konfrontation zwischen Lerchen und Ornithologen, deren Hintergrund in der Öffentlichkeit weitestgehend unverstanden blieb. Es ging ein Foto eines Steines, eines Fernglases mit kaputter Linse und einem Bekennerschreiben durch die Tagespresse, welches man dem anarchistischen Spektrum zuordnete und von dort an in der Politik die Anti-Linken-Gesetze weiter verschärfte.

Der Anlass des Steinwurfes war allerdings, dass ein bekannter Marburger Ornithologe Exkursionen zum Lerchen-Twitching anbot und bei dieser Gelegenheit viele Jahre lang mit schönster Regelmäßigkeit seinen zur 500 m langen Anfahrt verwendeten SUV auf den einzigen unbetonierten Fleck Erde parkte, welcher den letzten Lerchen des Gebietes als Rückzugsort diente.

Da mehrfache Info-Zettel („Sehr geehrter Mensch, Du parkst soeben dein Auto auf dem letzten Fleck unversiegelter Erde. Dieses Fleckchen ist der letzte Rückzugsort für die Lerchen in diesem Gebiet. Um Dich herum ist alles betoniert und asphaltiert, damit Dein Auto dort schön stehen kann, und wir bitten darum, das Du zukünftig nicht das letzte verbliebene Biotop zustellst und den Lerchen damit ihre Lebensgrundlage nimmst! Dankeschön für zukünftige Rücksichtnahme, Deine Lerchen“) unterm Scheibenwischer keine Abhilfe brachten, griffen die Vögel schließlich zum Wurfstein und lösten einen Sturm der Empörung in der Oberhetz-Presse aus, welcher in seiner Heftigkeit durchaus der 1993er Hetzkampagne gegen die Killerkrähe und der Riesenraubelster gleich kam und die Marburger Jägerschaft geschlossen den Abschuss der Kamikaze-Lerchen fordern ließ.

Presse-Überblick (chronologisch; dieser Teil ist nicht im Sprechtext enthalten):

  • Hitzetoth, Wahnfried (2012): Ornis verpisst euch. Kamikazelerchen schmeißen Steine auf angesehene Marburger Professoren. Oberhetz-Presse 16.4.2012
  • Professor Dr. Hase, Martin (2012): Wir müssen zusammenhalten gegen diese linke Brut. Kommentar. Oberhetz-Presse 16.4.2012
  • Professor Dr. Hase, Martin (2012): Wer ersetzt den volkswirtschaftlichen und volksgesundheitlichen Schaden, wenn ein Fernglas, das Instrument des Friedens, tätlich angegriffen wird? Leserbrief. Oberhetz-Presse 17.4.2012
  • Dipl. biol. Krafft, Tanja (2012): Patentgeschützte Methode zum Auffinden von Kamikazelerchen durch HASE- LIMNOLOGISCHE MULLUSKEN-ORNITOLOGIE entwickelt. Wissenschafts-Beilage. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • von Mannteuffel-Brunzbocker, Lindgund-Walpurga (2012): Abschuss freigeben! Die traditionelle Marburger Adels-Jägerschaft sieht sich in der Verpflichtung, renitenter linker Fauna die Grenze zu zeigen. Leitartikel. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • Prof. Dr. med. Dr. Dr. hc. Warzbach, Baldo-Guido (2012): Solidarität mit dem geschädigten Kollegen Professor Dr. Hase! Bald ist es wieder so weit, dass krankheitskeim-verbreitende Vögel Automobile beschmutzen und beschädigen. Leserbrief. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • Cornes, Gisela (2012): Lerchen-Aufstand in Marburg. Paramilitärische Vögel trainieren für den Kampf um Raum und beschädigen dabei ein Fernglas. Frankfurter Rundhau 20.4.2012
  • Cornes, Gisela (2012): Ein Heldenportrait: Professor Dr. Martin Hase überstand hinterhältigen Terrorangriff im Feld. Kollegen solidarisieren sich mit dem geschockten Ornithologen und rufen auf zu Spendenaktion. Marburger Samstagsheizung 21.4.2012
  • Cornes, Gisela & Wahnfried Hitzetoth (2012): Unsere Autos als Lebens-Begleiter (13): Der kampfbewährte SUV des Ornithologen Professor Dr. Hase. Innovations- und Lifestyle-Magazin der Bayerischen Motoren-Werke (3): 12-21
  • Hitzetoth, Wahnfried (2012): Eisvogel löst Lerche ab. Kicher-Brauerei gibt sich ein neues Logo. Oberhetz-Presse 25.4.2012

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HikE Worth
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