28. Juli 2025
Dreizähnemöwe. Rissa tridentila ROHREIT, 1992.
Die Dreizehenmöwe (Rissa tridactyla) hat an den Felsküsten von Helgoland nicht wenig Unbill zu erleiden. Die Ornithologen warnen schon seit Jahren, dass die größere Silbermöwe (Larus argentatus) ihr den Nistraum streitig macht und sie dadurch von der Insel verdrängt. Als besonders dreist erweist sich hier die Quecksilbermöwe (Larus hydrargyrum), die nestplatzverteidigende Dreizehenmöwen einfach platttritt.
Erfolgreicher in der Verteidigung ihres Brutplatzes ist die Dreizähnemöwe, eine der Dreizehenmöwe nah verwandte Art. Ihr Schnabel besitzt an der Spitze, einer anatomischen Pinzette gleich, oben zwei und unten einen Hornzahn. Wenn diese Möwe erst einmal zugebissen hat, lässt sie nicht wieder los. Dieses verschafft ihr nicht nur ungeahnte Vorteile beim Fischfang, sondern auch bei der Behauptung gegenüber Widersachern.
Andere Möwen legen sich meist nur ein einziges Mal in ihrem Leben mit der äußerst aggressiven Dreizähnemöwe an, wie langjährige Markierungs-Versuche 1) (ohne auch nur einen einzigen Vogel fangen zu müssen!) auf Island gezeigt haben. Wenn ihre Wunden endlich verheilt sind, meiden sie Dreizähnemöwen weiträumig. Wie sie es schaffen, die Dreizähnemöwe von der völlig identisch aussehenden Dreizehenmöwe zu unterscheiden, war den Forschern 2) zunächst noch ein Rätsel. Dann wurde jedoch festgestellt, dass vorgeschädigte (individuell markierte), d. h. bereits einmal mit Dreizähnemöwen in Kontakt geratene Silbermöwen auch besonders aggressive Exemplare der Dreizehenmöwe mieden.
Der Erkennungsfaktor „Aggressivität“ in Verbindung mit „dreizehenmöwigem“ Aussehen macht offenbar die „Schutzwirkung“ aus. Auf diese Weise profitieren Dreizehenmöwen von der Anwesenheit ihrer besser bewaffneten Schwesterart. Für die Dreizehenmöwen-Brutkolonien Helgolands besteht also Hoffnung, wenn die Dreizähnemöwenpopulation groß genug ist, um die Silbermöwen in Angst und Schrecken zu halten. Aus diesem Grund sprachen sich kürzlich alle Vogel- und Naturschutz-Organisationen gegen eine Bejagung der Dreizähnemöwe aus und antworteten damit geschlossen auf die Abschussforderung von Seiten der ortsansässigen Jagdpächter, die aus dem Erfolg dieser Art gegenüber Silbermöwen auch auf eine potentielle Gefährdung des Homo sapiens (Rote Liste Stufe 4) schließen.
Literatur:
1) LIMIKOLOW, Atrimov (1992): Individualmarkierung von Möwen durch Dreizähnemöwen Rissa tridentila und Auswertung der Wiederbegegnungsszenen; Wild d. Bissenschaft 14
2) BROESELL, Pernod (1989): Le division de la Moeve du Tri-Dentale et la Moeve du Phalanga-Reduciale; Fachsimpliale et Confusionale Bd. 3