Vogel der Woche: #119 - Tüteltaube

6. Oktober 2025

Tüteltaube

(Streptopelia tuetel)

Die Tüteltaube ist verantwortlich für die „Gänsefüßchen“ in modernen Texten. Es gibt sie in zwei Unterarten: Gerade Tütel und Orthographische Tütel.

Im Gegensatz zur Füßchengans ist sie leicht zu dressieren und tanzt gern übers Blatt, so dass sie sich für Dialoge mit häufigem Sprecherwechsel ganz vorzüglich eignet.

Ohne die Tüteltaube wären Konsalik­- und Simmel­-Romane schier undenkbar. Aber auch Sherlock Holmes könnte nicht mit Watson die Zusammenhänge zusammenkombinieren, und Winnetou und Old Shatterhand müssten sich ohne sie pantomimisch unterhalten.

Lediglich der enzyklopädische Steinzeit-­Breitporno „Ayla und derdiedas (hnhnhn) desdemden (böböbö)“ käme wahrscheinlich auch ohne Tüteltaubeneinsatz zustande, da dort handlungstechnisch eh nur auf Höhlenlöwen herumgeritten, Pemmikanrezepte komponiert, das Rad erfunden und das Pferd gleich dazu, und kultisch auf nackten Bärenköppen herumgebollert und mit Schattenrissen Fellmaiden-Erschreckungs-Theater zelebriert wird.

Abzüglich der 4 Seiten alle 50 Seiten, auf denen dann steinzeitmäßig rumgegrunzt und dazu gequiekstöhnt wird. Aber auch das kommt prima ohne Gänsefüßchen aus. Hätte die Ayla damals auf den jeweils für die Handlung vorgesehenen 46 Seiten auch gleich das Fernsehn mit erfunden, dann wäre der gesamte Romanzyklus mit 92 % des verwendeten Papiers ausgekommen, weil sie nur noch einen Hinweis auf die BBC-Frühzeitschmonzetten hätte einfügen müssen, in denen es unter anderem zu solch sprachlichen Elaboraten kam wie:

„Wahrscheinlich war es ein Ergaster, der die erste Träne weinte“.

Welche Menschenart Ayla war, weiss ich nicht mehr genau, dazu war zu viel Betonung auf nass untenrum gelegt. Der zur Aylabarbie artlich dazugehörige Ken hieß Joomla oder Joringel oder John Deere, so genau weiß ich das nich mehr, und ich werd ’nen Teufel tun, das noch mal rauszufinden.

Aber zurück zur Tüteltaube.

Tüteltauben, die beim Druckvorgang akzidentell einen Fuß eingebüßt haben, lassen sich immer noch ganz hervorragend für die Komma- und Hochkommasetzung verwenden. Bei entsprechender Dressur kann man sie auch zum Apostroph­-Druck einsetzen.


Beteiligt:

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HikE Worth
Text, Sprechix

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Vogel der Woche: #118 - Der Einheitswürger

29. September 2025

Heute: Der Einheitswürger. Schlanius extaeterae.

Von einer seltenen Erbkrankheit, der Germanomonomanie geplagt, waren wohl die Eltern dieses zierlich in drei Farbstreifen getauchten Vögelchens. Vielleicht ist er aber auch eine Spätfolge der radioaktiven Verseuchung des Vogel-Erbgutes durch Tschernobyl, sooo genau kann das leider niemand mehr sagen. Statistisch ist das auch völlig egal, ob Tschernobylbyl oder was­auch­sonst, denn es GIBT ihn nun seit mehr als zwanzig Jahren: den Einheitswürger.

Der Einheitswürger – das ist der Vogel, den alle Deutschen am 3. Oktober haben – oder auch nicht. Er hat trotz seines Namens eine ganz unvermutete, phänomenal paradoxe Eigenschaft, er spaltet nämlich die Nation – darin ist der Einheiti noch erfolgreicher als die Vögel, denen man das Spalten und Zerspänen harter Dinge eher zutrauen würde, als diesem zierlichen – hatte ich das schon gesagt? – ja, hatte ich schon – egal, als diesem wahrlich zierlichen Vertreter aus der Familie der Würger, der Laniidae.

Die Laniiden, also sein Papa und seine Mama, werden in Deutschland im allgemeinen durch den Rotrückenwürger, den Rotkopfwürger und den Raubwürger vertreten.

Der Rotkopfwürger heißt so, weil er einen roten Kopf hat. – Das geht ja vielen so, wenn sie so vor sich hin würgen.

Der Rotrückenwürger heißt im Volksmund auch Neuntöter – weil er noch mehr Fliegen auf einen Streich gekillt hat als Das Tapfere Schneiderlein. (Über die Farbe seines Rückens schweige ich mich hier mal aus.)

Der Raubwürger – na ja, nicht was SIE jetzt denken! – Der schlingt nicht etwa gestohlene Gegenstände ganz schnell runter, damit er sie behalten kann, nein, dem hat die Evolution jede Art von roter Farbe geklaut.

All diese Mamas und Papas vom Einheitswürger fressen Insekten und kleine Wirbeltiere, und so hielt das die Familie der Laniiden auch mehrere unbedeutende Dutzend und Aberdutzend von Jahrhunderttausenden durch – bis zum „Fall der Mauer“.

Oder – statistisch sicherlich aber nicht nachzuweisen – bis zum Fallout.

Jedenfalls gab es zu dem Termin nicht nur Massenhysterien unter den Menschen, die im Ausland gerne mit weißblauem Rautenmuster, Rasierpinseln an Filzhüten und merkwürdigen Beinkleidern aus Hirschleder assoziiert werden, sondern in einem Nestchen, das ein Pärchen der Laniiden geflochten, untypischerweise im September noch mit Eiern bestückt und diese anschließend durch Draufsitzen zum Auskeimen gebracht hatte, kroch etwas ganz Seltsames, dessen erster Satz war: „oleee ole ole oleee Schlaan“.

Die beiden Würger-­Eltern erschraken so, dass sie dem Kleinen ganz schnell den Schnabel mit Kerbtieren und Mäusekeulchen zustopften, damit der böse Fuchs es nicht grölen hört und aus der Evolution entfernt, und darüber wurde der Einheitswürger groß und stark und brütete im darauffolgenden Jahr persönlich.

Dass es mit ihm eine eigene Art hat, wurde auch schnell klar: denn im Gegensatz zu seinen Eltern brütet er nicht ausnahmsweise, sondern grundsätzlich im September los, und seine Eier ploppen grundsätzlich am 3. Oktober auf.

Das wäre alles überhaupt kein Problem, wäre dieser Vogel nicht zusätzlich zu seinem roten Rücken und schwarzen Köpfchen am Bauch so gelb wie der Inhalt des Becherchens, das man zum tunlichsten Beweise einer sportlich-weißen Weste den Dopingkontrolleuren in die Hand drückt.

Sein geradezu mystisches Auftauchen in einer Zeit, in der nicht nur Atomkraftwerks-Inhalte, sondern auch Betonmauern in der Landschaft herumfielen, hatte in Verbindung mit seinen farblichen und sprachlichen Eigenschaften die fatale Wirkung, einen staatlichen Feiertag zu erzeugen.

Und genau damit kloppen wir uns noch heute rum. – Danke, f[MEEEP] Einheitswürger – Herzlich Danke! Nur wegen Dir sind in diesem Staat wieder ’nen Tag länger die Aldis und Ikeas geschlossen!

Guten Morgen.


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #117 - Tenortölpel

22. September 2025

Tenortölpel

(Sula tenorana)

Die Fachwelt diskutiert noch eifrig darüber, ob es sich bei dem Tenortölpel wirklich um eine eigene Art oder nur um eine Unterart des Basstölpels handelt, da sich dieser Vogel nur durch die Stimmlage vom letz­teren unterscheidet. Dass Tenortölpel bloß junge Basstölpel im Stimmbruch seien, ist inzwischen allerdings widerlegt, man hat mittlerweile verlässliche Beobachtungen von singenden Exemplaren im Adultkleid gemacht.

Ein besonderer Moment ist das akustische Erleben einer gemischten Kolonie von Bass­- und Tenortölpeln. Nähert man sich vorsichtig einer für die Brut benutzten Klip­pe, vernimmt man den herrlichen Gesang eines Männerchors ungeheuren Ausmaßes. Der Gefangenenchor aus Nabuko ist nichts dagegen.

Eine Unterart des Tenortölpels, der Helden­tenortölpel (Sula tenorana aria) zeichnet sich durch einen nicht so schönen, dafür aber sehr lauten Gesang aus. Jeder halb­ wegs musikalische Mensch wird ihn bereits daran ohne größere Probleme von der Unterart Sula tenorana tenorana unter­ scheiden können. Er singt auch nie in Chören, sondern immer nur einzeln. Für seinen Vortrag sucht er sich eine besonders markante Stelle der Landschaft und beginnt mit stolzgeschwellter Brust zu singen.


Beteiligt:

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CoRo
Text, Sprecherin

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Vogel der Woche: #116 - Nahtkrähe

15. September 2025

Nahtkrähe

(Corvus saumicus STEPPIDI, 2005)

Die Nahtkrähe, dieser fein glänzende schwarze Gesell, durchstochert in geraden Linien die Ackerfurche auf der nimmermüden Suche nach dem Fadenwurme. Kurze Exemplare der gefundenen Beute, die nicht länger sind als der Vogel von Schnabel­ bis Schwanzspitze, werden ohne viel Aufhebens verschluckt, aber manchmal erwischt die Krähe auch ein besonders langes Exemplar ihrer bevorzugten Kalorienquelle.

Dies wird allerdings nicht einer enzymatischen Umarbeitung in Krähenmoleküle unterzogen, sondern im Gegenteil sehr vorsichtig behandelt.

Die Nahtkrähe wickelt das bis zu 200 Meter messende Langtier kunstvoll und ohne es zu beschädigen, auf einen stets zu diesem Behufe mitgeführten Spulwurm auf.

Diesen besonders langen Fadenwurm gibt es – ebenso wie den zum Verzehr genutzten kurzen – in verschiedenen Farben.

Besonders in badischen Gebieten, wo Chemische Industrie und Anilin­-Farbenwerke ihren Standort haben, kann man bisweilen Exemplare in strahlenden Neontönen und in modischen Farbkombinationen bewundern.

Nahtkrähen zeigen zwar keine Vorliebe für die besonders bunten Exemplare ihres Beutespektrums, tendieren aber dazu, nach Stillen ihres Hungers möglichst viele längere Fadenwürmer verschiedener Farbtöne und Schattierungen zu sammeln und aufzuspulen.

Sie lagern die erstellten Bündel in ausgekratzten Erdmulden, um sofort wieder auf die Suche zu gehen und ihrem Sammeltrieb so lange beharrlich nachzukommen, bis man aus den ganzen Röllchen ein Rechteck bilden kann.

Was auch die Nahtkrähe damit dann anstellt – und die Röllchen stundenlang in verschiedensten Farbreihen zusammenstellt und stetig umsortiert, bis sie von dem selbstvergessenen Spiel wieder genug Hunger bekommen hat, um nach kurzen Beutetieren Ausschau halten zu gehen.

Währenddessen rollen sich die elend langen Fadenwürmer gemächlich wieder ab und verschwinden jeder für sich in einem Loch, und damit könnte der ganze Spaß von vorne losgehen…


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HikE Worth
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Matthias Kreuzberger
Sprecher

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Vogel der Woche: #115 - Der Rückwärtspieper

8. September 2025

Heute: Der Rückwärtspieper. Anthus recurris.

Der Rückwärtspieper ist ein Kulturfolger. Er ist der einzige Vogel aus der Gattung der Pieper, der es geschafft hat, sich flächendeckend in Asphaltwüsten mit hohem Motorfahrzeuganteil anzusiedeln. Sein Nest baut er wie alle anderen Pieper klassisch als Bodennest – jedoch, ähnlich wie die mit den Piepern eng verwandte Bachstelze, auch – und mittlerweile ausschließlich – auf den Karosserien von Fahrzeugen wie Baumaschinen, Traktoren, und Autos jeglicher Sorte. Er bevorzugt dabei die rückwärtige Seite, weil er gerne im Windschatten brütet. Wenn das Fahrzeug rückwärts fährt, dann tut er seinen Unmut gegen diese Durchlüftung seiner Nistbude durch laute, rhythmische, weithin hörbare Rufserien kund.

Bei Annäherung von Dingen oder Lebewesen jeglicher Art auf unter 1 Meter an sein Nest verteidigt der Rückwärtspieper dieses mit Steigerung seiner Ruf-Frequenz, er piept also immer schneller hintereinander, je näher der Feind kommt. Zum Schluss, also bei Annäherung auf Schnabelspitzenbreite, sind die Einzelpiepser zu einem zusammenhängenden Kreischen verschmolzen, was jeden Gegner mit noch funktionierendem Gehör sofort in die Flucht schlägt.

Die ursprüngliche Nahrung aller Pieper, Insekten, hat der Rückwärtspieper aufgeben müssen, weil in landwirtschaftlichen Gegenden durch das Ausbringen von Pestiziden diese Nahrungsquelle versiegt ist. Hingegen fiel den motorfahrzeuglenkenden Menschen auf, dass ein solcher Rückwärtspieper, wenn er auf hinteren Teilen der Fahrzeug-Karosserie brütet, sehr zuverlässig auch Zaunpfähle und Mauern anbrüllt, die sich in unlauterer Absicht nähern. Diese Menschen gingen dazu über, den Rückwärtspieper mit einer ausgewogenen Ersatznahrung zu versorgen, was sie zuerst mit einem aufgesetzten Gehörschutz machen mussten, solange sich der Rückwärtspieper noch nicht an die fütternde Hand gewöhnt hatte. Später ließ der brütende Vogel auch ohne Hacken zu, dass die schlüpfenden Küken ebenfalls gleich an die Menschenhand gewöhnt wurden.

Die reichhaltige Ersatznahrung sorgte dafür, dass die Rückwärtspieper gar nicht mehr aufhörten zu brüten, und sogar dann, wenn sie nicht brüteten, in ihren Nestern sitzen blieben und allmählich das Flugvermögen aufgaben.

Auf diese Weise entstand allmählich die zahme Variante des Einparkpiepers, //Anthus recurris positionis//, welche in einzelnen, etwas dichter befiederten Exemplaren auch kommentarlos etwas Fahrtwind um den Schnabel akzeptiert und Nistorte an den vorderen Eckpunkten der Karosserie einnehmen kann.

Und wir, liebe Zuhörende, erleben beide Pieper alltäglich in unseren Asphaltwüsten in voller Aktion.

Guten Tach.


Beteiligt:

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HikE Worth
Text, Sprechix, Piepsen

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Vogel der Woche: #114 - Altauge und Neuauge

1. September 2025

Neuauge (Oculus neoculus) und Altauge (Oculus anticoculus).

Das Altauge hat von allen Fischarten die ältesten Augen. Das macht aber nix, weil es sich eh mit dem Tastsinn durch die dunkelsten Höhlen der Tieflahn und dort speziell durch den Bodenschlick navigiert.

Gelegentlich reckt es mal den Kopf aus dem Boden und setzt eine Lorgnette oder ein Monokel auf, welches es in den versunkenen Ritter-Ubooten des Frühmittelalters auf irgend einem der Rostschädel sitzend gefunden hat.

Das Neuauge unterscheidet sich von den Altaugen durch mindestens ein neues Auge, und es schreckt bei seinem Aus-dem-Boden-gucken auch vor Brillen von Fielmann nicht zurück.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #113 - Komischer Kauz

25. August 2025

Komischer Kauz. Strix dramaticus abel.

Der Komische Kauz gibt überall seinen Senf dazu, und es wird ihm verziehen, belächelt, für das gehalten, was „so ein richtiges Original“ originell macht. Er ist definitiv der adoptierte Liebling und der mit Eigeninteressen überfrachtete Symbolträger, also das Maskottchen. Frei nach dem Motto: „kannst du es nicht deiner eigenen Jämmerlichkeit anpassen und auf dein Niveau runterziehen, dann adoptiere es oder mach es zum sakrosankten Dorfnarren“.

Den Komischen Kauz hat man nicht angepasst bekommen, er ist renitent, oder wie das heute in der Traumaforschung heißt, „resilient“.

Alles was der Komische Kauz von sich gibt, wird lautstark bewundert und befeiert, aber in der ritualisierten Form, die eine inhaltliche Auseinandersetzung vermeidet. So passt der Komische Kauz nahtlos als Kuscheltier und Maskottchen in eine Gesellschaft, der die gelebte Komik schon lange vergangen ist.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #112 - Der Dumpfrohrsänger

18. August 2025

Der Dumpfrohrsänger. Acrocephalus mumblens.

Im Gegensatz zu den anderen Rohrsängern bringt der Dumpfrohrsänger seine Sounds nicht klar und kristallin aus dem Hals raus, sondern er brümmelt eigentümlich vor sich hin und klingt dabei fast wie eine Mini-Taube. Das ist ganz erstaunlich, weil die Fachwelt von kleinen Vögeln aus Gründen der Weit-Hörbarkeit irgendwie hohe, hallende Töne erwartet, welche es sogar noch schaffen, im Gedonner der Niagarafälle hörbar zu sein.

Dem Dumpfrohrsänger ist das scheinbar vollkommen wumpe, sein Gebrumm hört man wirklich nur wenn man quasi in ihm drin steht.

Dumpfrohrsänger sind gar nicht mal so selten, obwohl sie scheinbar nicht besonders viel tun, um akustisch konkurrenzfähig und revierverteidigend zu sein. Sie kommen in den gleichen Biotopen wie andere Rohrsänger vor, brüten erfolgreich und verklappen eine ganz erstaunliche Menge Insekten und anderes Kleinzeug in die Schnäbel ihrer Kinder, welche in Napfnestern zwischen ein paar Schilfstengeln aufgehängt sind, die, wenn man man näher drüber nachdenkt, irgendwie wie ein Suspensorium aussehen ((Aber so nah will man eigentlich auch gar nicht nachdenken.)).

Eine Theorie der forschenden Zunft lautet, dass der Gesang des Dumpfrohrsängers überhaupt nicht der Reviermarkierung dient, sondern der unmittelbaren Infraschall-Bedröhnung des Weibchens bis zur dessen Begattungsbereitschaft, analog dem Gesang von Roger Whittaker, dem Don-Kosaken-Chor, dem Eulenpapagei und anderen Tiefton-Barden. Dabei ist auch – ebenfalls analog zu den genannten Beispielen aus dem menschlichen Behumsungsszenario – vollkommen egal, was der Dumpfrohrsänger inhaltlich von sich gibt, hauptsache es brummt geil.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #111 - Der Möhrenträger

11. August 2025

Heute: Der Möhrenträger. Haematopus daucoleus.

Der Möhrenträger, ein Verwandter des Austernfischers, hat seinen ganz eigenen Reiz. Er stochert mit einem Gerät im Watt herum, von dem einige behaupten, es sei ein Schnabel, andere halten es für die am festesten an einem Vogel angewachsene Möhre der Welt.

Interessant ist es zu beobachten, wenn ein Möhrenträger bei der Watt-­Durchstoche­rung einnickt, was häufiger vorkommt. Wenn er nämlich aus dem Reich der Träume wieder hochschreckt, ist es für ihn sehr oft ein hartes Stück Arbeit, seinen schnell festwurzelnden Schnabel wieder aus dem Boden zu ziehen.

Ein Möhrenträger, der in einem anderen Biotop als dem Watt auf diese Art von Futtersuche gehen würde, wäre ziemlich schnell verloren; er würde es nicht schaffen, schnell genug den Schnabel aus der Erde zu ziehen.

Tatsächlich hat man einige interessante Entdeckungen ge­macht: Auf Äckern befindliche Möhrenträger lesen ihr Futter ausschließlich von der Ober­fläche ab und wagen es nicht, einen weitergehenden Kontakt zur Erde aufzubauen. Sie greifen mit ihrem Schnabel wie mit einer Pinzette kleine Käfer und alles, was oberirdisch herumlebt und durch ihren Hals passt.

Die Spitze ihres Schnabels stoßen sie vorher heftig gegen einen Stein oder Baum, um die feinen Würzelchen abzustoßen,­ die ihnen das präzise Zugreifen sonst unmöglich machen würden.

Im freien Wasser hingegen ernähren sich einige Möhrenträger mit besonders lang und dicht bewachsenen Schnäbeln von Wurzelmundquallen, die sie mit ihrem „Bart“ sehr geschickt käschern.

Ob der Bewuchs des Schnabels was mit genetischer Veranlagung, Alter oder Ge­schlecht zu tun hat, hat noch niemand herausgefunden.


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HikE Worth
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Patte
Sprecherin

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Vogel der Woche: #110 - Die Gurkenschlange

4. August 2025

Die Gurkenschlange. Serpina cucumera.

Die Gurkenschlange sieht aus wie eine Schlangengurke und bewegt sich auch bei Tageslicht wie eine solche, nämlich gar nicht.

Oft liegt sie auf Wochenmärkten in den Kisten der Gemüsehändler, und fällt zwischen den anderen Gurken nicht auf. Sie wird dann von Menschen gekauft und mit nach Hause genommen, mit dem festen Vorsatz, dass es mal wieder einen lecker Gurkensalat … nun, noch kein Mensch hat eine Gurkenschlange bisher gegessen, weil das mit dem lecker Gurkensalat, das ist immer so ein Vorsatz der Sorte: Gurke kaufen, dann wird das schon was … die Lust auf Gurkensalat entfleucht in dem Augenblick aus dem Gehirn, wo die Gurke ins Gemüsefach des Kühlschranks geparkt wird.

Da landet also nun auch unsere Gurkenschlange und liegt erstmal in der dunklen Kälte. Sie ist nachtaktiv, also wird sie munter und erkundet das Gemüsefach nach Beute. Sie schafft es sogar, sich aus dem Fach heraus in den oberen Teil des Kühlschranks zu schlängeln, wo sie bald einen Happen von der Butter nimmt, ein bisschen Knoblauchquark und Aufschnitt findet, um letztlich ein vergnügtes Tauchbad in einer offenen Dose Erbsensuppe zu nehmen.

Wenn die Gurkenschlange sich sattgefressen hat, wartet sie einfach darauf, dass der Kühlschrank wieder geöffnet wird, irgendwer angewidert kreischt, sie mit einem Küchentuch ergreift und in den Bioabfall wirft. Schlangen haben halt keine Hände, mit denen sie sich die überschüssige Erbsensuppe nach dem Essen abwischen könnten.

Und dann geht das Spielchen von vorne los, bis zum nächsten Wochenmarkt, an dem der Anblick von Gurken den Vorsatz weckt, einen lecker Gurkensalat …


Beteiligt:

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HikE Worth
Text, Sprechix

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